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Ich habe ein kollektives Nein ausgesprochen – für meinen Frieden

Es gibt Entscheidungen, die man nicht aus Wut trifft, sondern aus Liebe. Liebe zu sich selbst. Aus dem Wunsch heraus, endlich Frieden zu finden. Meine Entscheidung, Berlin zu verlassen, war genau so eine.

Ich meine zu wissen, wer meine Feinde sind – und ich bin mir sicher, dass es noch mehr gibt, von denen ich nichts weiß. Diese Erkenntnis begleitet mich schon lange. Vielleicht liegt es daran, dass ich Afrikanerin bin, aber nie so gelebt habe wie andere in meiner Community.

Und vielleicht ist das nicht nur meine Geschichte. Vielleicht ist es die Geschichte von vielen, die zwischen zwei Welten aufgewachsen sind – getragen von Traditionen, aber gleichzeitig auf der Suche nach einem eigenen Leben.

Anders – seit ich denken kann

Ich war immer irgendwie anders:
Anders wegen meiner alleinerziehenden Mutter, die uns mit Liebe großgezogen hat und mir gezeigt hat, dass Stärke nicht laut sein muss.
Anders wegen meinen sieben Geschwistern, in deren Nähe ich früh gelernt habe, was Zusammenhalt bedeutet – und trotzdem meinen eigenen Platz finden musste.
Anders wegen meinem Vater, der nicht da war, und der Lücke, die mir beigebracht hat, mir selbst Halt zu geben.
Und vor allem: anders wegen mir selbst – weil ich schon früh meinen eigenen Blick auf die Welt hatte, Fragen stellte, die niemand stellte, und einen Weg suchte, der nicht vorgezeichnet war.

Ich habe unsere Kultur nie einfach stumm übernommen, sondern wollte verstehen, fühlen, prüfen. Ich bin früh von zu Hause weggegangen, habe mit meinem Freund zusammengelebt, ohne verheiratet zu sein. Bis heute habe ich keine Kinder und lebe allein in Hamburg – nicht, weil ich meine Kultur ablehne, sondern weil ich meinen eigenen Weg gefunden habe, Frau und afrikanische Frau zu sein.

Frau und afrikanische Frau zu sein

Für mich bedeutet Frau sein, meine eigene Stimme zu hören und ihr zu vertrauen. Es bedeutet, mir zu erlauben, weich zu sein, ohne schwach zu gelten. Stark zu sein, ohne hart werden zu müssen. Es bedeutet, meinen Wert nicht an Erwartungen anderer zu knüpfen, sondern daran, wie ich mich selbst sehe.

Afrikanische Frau zu sein bedeutet für mich, meine Wurzeln zu lieben und zu ehren – auch wenn ich sie nicht so lebe wie andere. Es heißt, die Geschichten meiner Familie zu tragen und gleichzeitig den Mut zu haben, meine eigene Geschichte zu schreiben. Es heißt, Traditionen zu verstehen und sie dann so zu leben, dass sie mir Frieden schenken und nicht nur Pflicht sind.

Beides zusammen – Frau und afrikanische Frau zu sein – ist kein Widerspruch. Es ist ein Weg, meine Herkunft und meine Zukunft miteinander zu versöhnen.

Warum das vielen nicht gefällt

Ich weiß, dass das nicht jedem gefällt. Manche bewundern es vielleicht still, würden aber niemals offen an meiner Seite stehen. Andere lehnen mich offen ab. Dabei habe ich niemandem bewusst geschadet. Wenn ich jemandem wehgetan habe, wünsche ich mir, dass diese Person zu mir kommt und es sagt – so bin ich. Ich suche das Gespräch. Ich kläre Dinge. Ich schweige nicht, wenn mir Unrecht getan wurde. Genau da liegt der Unterschied: Ich bleibe nicht still.

Das kollektive Nein

Irgendwann habe ich verstanden: Ich kann nicht alle überzeugen. Ich kann nicht alle heilen. Und ich muss es auch nicht. Deshalb habe ich ein kollektives Nein ausgesprochen – zu allen, die ich kenne oder je kannte.

Mein Nein galt nicht nur Menschen. Es galt auch den Rollen, die man mir aufzwingen wollte. Den Erwartungen, die mich klein hielten. Den Stimmen, die mir sagten, wie ich leben sollte.

Dieses Nein ist kein Abbruch meiner Liebe zu meinen Wurzeln. Es ist ein Ja zu meinem eigenen Frieden. So wie ich mir das Beste für mich selbst wünsche, wünsche ich es auch allen anderen.

Ein schwieriges Verhältnis zur Community

Die afrikanische Community in Berlin… Für mich war sie nicht sehr aufbauend. Nicht sehr motivierend. Es gibt Menschen, die sich verändert haben – und das liebe ich. Ich sehe diese Entwicklung. Aber die Mehrheit, so empfinde ich es, trägt noch zu viele eigene Traumata, um wirklich heilend oder unterstützend zu wirken. Bevor sie anderen etwas sagen kann, muss sie selbst noch heilen.

Und manchmal frage ich mich: Warum nennen wir es Rebellion, wenn eine Frau einfach nur sie selbst bleibt? Warum macht mein Frieden andere so unruhig?

Mein Weg

Ich erzähle das nicht, um jemanden anzugreifen. Ich erzähle es, um zu erklären, warum ich gegangen bin. Warum ich mir mein Leben in Hamburg neu aufbaue. Warum ich Frieden nicht länger von außen erwarte, sondern ihn mir selbst schenke.

Denn Frieden fängt dort an, wo wir aufhören, uns zu verbiegen – und anfangen, unser eigenes Ja zu uns selbst zu leben.

Mein Nein ist kein Ende. Mein Nein ist der Anfang von Frieden.

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